Die wichtigste Methodik für lernende Teams, um prozessual zu lernen – also das Team-System weiterzuentwickeln – ist die Retrospektive. Eine Retrospektive (kurz: „Retro“) ist ein Workshop-Format, in dem das Team regelmäßig (z.B. alle vier Wochen) zusammenkommt und in einem geschützten Rahmen (es gilt Verschwiegenheitsverpflichtung) gemeinsam reflektiert, an welchen Stellen der Zusammenarbeit gerade das größte Potential für Weiterentwicklung herrscht bzw. welche Themen der Zusammenarbeit das Team gerade am meisten daran hindern, gut und schnell miteinander Ergebnisse zu liefern.
Die Retrospektive dauert meist 90 Minuten und wird von einer professionellen Moderationskraft moderiert. Bestenfalls ist diese nicht Teil des Teams, sodass alle Beteiligten Rollenklarheit haben und sich die Mitglieder des lernenden Teams komplett auf die inhaltliche Diskussion konzentrieren können. Viele lernende Teams haben hierfür eine eigene Teambegleitung durch Scrum Master o.ä. – diese Person ist zwar Teil des Teams, nimmt aber eine prozessuale (Führungs-)Rolle ein und ist inhaltlich komplett unbeteiligt.
Während der 90 Minuten einer Retrospektive bringt der/die Moderator:in die Team-Mitglieder miteinander ins Gespräch, sowohl auf professioneller, als auch auf persönlicher Ebene. Nicht nur die Rolle als Team-Mitglied bekommt einen Raum, sondern es darf artikuliert werden, was die Mitglieder des lernenden Teams als „ganze Menschen“ bewegt und womöglich auch während der Arbeitszeit beschäftigt. Der inhaltliche Schwerpunkt des Workshops liegt dann auf dem Identifizieren und Verstehen von Umständen, die die Zusammenarbeit behindern. Mittels spezieller Moderations-Methoden wird dem Team ermöglicht, alles, was es bewegt, zusammenzutragen. Anschließend geht es an die Priorisierung, die größten ein bis zwei Hindernisse werden hierbei gesucht und anschließend konkreter beleuchtet (warum ist die Situation so, welche Umstände haben wir in der Hand, wo brauchen wir ggf. Unterstützung?).
Am Ende der Retrospektive steht das Verabreden von konkreten Maßnahmen, um das System (bzw. die Zusammenarbeit) zu verbessern: „Wer macht was bis wann?“ Hierbei sind die Maßnahmen als Experimente zu verstehen, allen Beteiligten ist bewusst, dass niemand sicher weiß, ob die Maßnahmen die Zusammenarbeit wirklich verbessern werden, sondern gehen davon aus. In der nächsten Retrospektive erinnert der/die Moderator:in zu Beginn an die vereinbarten Maßnahmen vom letzten Mal und prüft gemeinsam mit dem Team, ob sich die Zusammenarbeit in dem Thema verbessert hat. Durch diesen Ablauf stellen lernende Teams innerhalb von regelmäßigen Retrospektiven in einem PDCA-Zyklus sicher, dass sie ihr System ständig weiterentwickeln: Sie entwickeln gemeinsam Maßnahmen („Plan“), probieren diese im Alltag aus („Do“), überprüfen in der nächsten Retrospektive die Wirksamkeit („Check“) und entscheiden dann, die Maßnahme weiterzuführen, zu modifizieren oder zu verwerfen („Act“).